05 Mai Warten auf das richtige Bild
Manchmal suchen wir nach dem „richtigen“ Motiv, damit wir anfangen können mit dem Malen. Wir denken, wir müssten DAS Bild finden, dass genau DAS ausdrückt, was ich ausdrücken will. Oft ist es etwas, das wir fühlen, eine starke Emotion wie Wut oder Ärger. Vielleicht soll das Bild uns helfen, diese Gefühle los zu werden. Vielleicht suchen wir nach einer Lösung für ein bestimmtes Problem. Vielleicht aber soll es nicht nur etwas ausdrücken, was wir schwierig finden, sondern das anschaulich machen, wie wir uns gerade fühlen, wenn wir glücklich sind und voller Zuversicht. Auch für diese Energie suchen wir dann gerne das „richtige“ Bild, den „richtigen“ Ausdruck.
Das „richtige“ Bild ist allerdings nur eine Vorstellung. Kreativität ist weit mehr und so viel umfassender und lässt sich nicht auf ein bestimmtes, „richtiges“ Bild reduzieren. Ein Thema, ein „Problem“, ein wunderbares Gefühl hat immer so viele Facetten. Wie wollen wir das alles in ein bestimmtes Bild packen? Wir können die ganze Wahrhaftigkeit, das ganze Erleben, dass damit zusammenhängt gar nicht in einem bestimmten Motiv erfassen. Wir können mit einem Motiv oder einer Emotion starten. Wir können ein spontanes Motiv in Verbindung mit einer gespürten Emotion im schöpferischen Raum in uns aufkommen lassen und damit ein Bild beginnen. Also lassen wir gut daran, es nicht zu versuchen, einzugrenzen oder ein passendes Bild zu suchen, sondern sind da und lassen uns die Impulse und Motive geben, die zu uns kommen, auf natürliche Weise. Dann könnten wir so sein wie die Gärtnerin, die die Samen erhalten. Die Impulse, die aus der Haltung des offen seins, des Fühlens, des im Moment seins, zu uns kommen. Da sind Farben, Formen, ja Bildmotive ohne dass wir sie verstehen müssen. Wir nehmen diese Samen und pflanzen sie in den Boden und lassen sie wachsen mit jedem Pinselstrich. Vielleicht fühlst du etwas in deinem Körper, in deinem Atem, Herzklopfen oder im Bauch rumoren, vielleicht bekommst du feuchte Hände. Das ist die kreative Energie, die durch die fließt und dich bewegt. Sei dabei, nimm das als den Samen. Wie du auch beginnst, vertraue, dass der nächste Schritt kommen wird. Lass dich von dem Unbekannten führen. Jeder Pinselstrich wird einen nächsten erwecken. Wenn ein Bild kommt, bevor du anfängst zu malen, heiße auch das willkommen, aber denke daran, dass du im Vorfeld noch nicht wissen kannst, wie es sich entwickeln wird, wie es wachsen will und zu was. Es wird sich in seiner Fülle und in seinem ganzen Ausdruck erst durch dein Malen entfalten.
Wie auch immer du startest, eine nächste Bewegung wird auftauchen und dich weiterführen.